Mit einer Drei-Männer-WG und einer Sozialarbeiterin begann die Caritas in Hattingen mit der Unterstützung psychisch Kranker Mitte der 1980er-Jahre. Im Dezember 1987 wurde dann die Kontakt- und Beratungsstelle eröffnet. Anlässlich des Jubiläums blicket Rosemarie Kaeseler, langjährige Leiterin der Abteilung für psychisch Kranke, gemeinsam mit der heutigen Leiterin Joanna Grunenberg zurück.

Drei Männer in einer Wohngemeinschaft, eine Sozialarbeiterin – so sah die Idee für die Betreuung psychisch kranker Menschen durch die Caritas in Hattingen am 1. April 1986 aus.  „In der WG-Wohnung, die im Juni darauf bezogen wurde, hatte ich ein winziges Büro mit einer Schreibmaschine und einem Telefon“, blickt Rosemarie Kaeseler zurück. Lachend ergänzt sie: „Ein Telefon mit Drehscheibe.“ Genau dieses Telefon sollte unerwartet dafür sorgen, dass 1987, also vor 35 Jahren, die Caritas-Kontakt- und Beratungsstelle für psychisch Kranke in Hattingen eröffnet wurde.

Die Betroffenen suchten Beratung, wollten aber dabei in ihren eigenen vier Wänden bleiben

Anrufe von Medizinern, von Betroffenen oder Angehörigen bei Rosemarie Kaeseler zeigten, dass die Nachfrage nach passenden Angeboten für psychisch Kranke groß war. Das hatten die Caritas und andere Wohlfahrtsverbände im Ennepe-Ruhr-Kreis bereits erkannt, sich beraten und begonnen, entsprechende Strukturen im gesamten Kreis zu schaffen. „Allerdings hat sich bei den Anrufen, die ich bekam, schnell herauskristallisiert, dass die Menschen eher Beratung erhofften und nicht auf der Suche nach stationärer Betreuung oder einer WG waren, sondern eigentlich in ihrer eigenen Wohnung bleiben wollten“, erzählt die 63-jährige Sozialarbeiterin der ersten Stunde. „Man muss nicht psychisch krank sein, um das zu verstehen, dass man in seinen vier Wänden bleiben möchte, in denen man sich wohlfühlt. Und auch wenn man krank ist, möchte man selbstbestimmt sein.“

Der Bedarf war erkannt. Und so entstand schon während der Arbeit in der WG, wie sich Rosemarie Kaeseler erinnert, „sozusagen stillschweigend die Kontakt- und Beratungsstelle“. Im Dezember 1987 eröffnete die Diplom-Sozialarbeiterin gemeinsam mit ihrer Kollegin Ingrid Horstmeier dann die feste Anlaufstelle, aus der heraus auch nach und nach Gruppenangebote entstanden. Gleichzeitig mit Kontaktstelle lief auch das „Betreute Wohnen“ (Bewo) an.

Im ersten Halbjahr wurden 20 Menschen beraten – heute jährlich rund 270

Bei einer Bilanz nach rund einem halben Jahr fasste das Zwei-Frauen-Team für die lokale Presse  zusammen: „Rund 20 Personen wurden vor Ort beraten oder an andere Stellen vermittelt. Etwa zehn Betroffene werden seit der Kontaktaufnahme intensiver in der eigenen Wohnung betreut und bei der Bewältigung lebenspraktischer Dinge unterstützt.“

Und der Bedarf ist seitdem kontinuierlich gewachsen. 2021 wandten sich knapp 270 Menschen mit Krankheitsbildern wie zum Beispiel Depressionen, Psychosen oder sozialen Phobien an die Caritas-Kontakt- und Beratungsstelle. Daraus ergaben sich rund 1200 „Besuche“, da einige Betroffene eben mehrfach ins Haus kamen. Die Gruppenangebote wie Frühstückscafé, Spielegruppe, Skattreff oder Kreativgruppe sind darin enthalten. Das Team um Joanna Grunenberg, Abteilungsleiterin der Caritas-Kontakt- und Beratungsstelle und des Fachdienstes begleitetes Wohnen (Bewo) mit mittlerweile 64 betreuten psychisch Kranken, ist über die Jahre auf elf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewachsen.

Die Zahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen wächst

Die steigende Zahl der Menschen, die sich Hilfe suchen, hat mehrere Gründe. „Die Zahl der Menschen mit entsprechenden Erkrankungen wächst“, sagt Joanna Grunenberg, die seit 2004 bei der Caritas in Hattingen arbeitet und seitdem auch eine „auffällige Zunahme an jungen Patienten“ bemerkt hat. Auch die Diagnostik habe sich deutlich verbessert, ergänzt Rosemarie Kaeseler und verweist gleich auf mehrere Fälle von Klienten und Klientinnen aus der frühen Phase ihrer Caritas-Arbeit, „deren Erkrankung niemals in einer verfestigten Psychose geendet wäre, wenn man ihre Erkrankung früher erkannt hätte“. Außerdem habe sich aber vor allem „die Akzeptanz psychischer Erkrankungen verbessert“. Zu Beginn ihrer Tätigkeit in diesem Arbeitsfeld sei sie „gleich null“ gewesen. „Wer zu uns kam, schämte sich oft dafür. Heute gehen die Betroffenen viel selbstbewusster und andere Menschen viel selbstverständlicher damit um“, sagt die ehemalige Leiterin der Caritas-Abteilung Psyche.

Ziele sind ein weitgehend selbstständiges Leben und  Teilhabe an der Gesellschaft

Beim Ziel der Arbeit damals wie heute sind sich Rosemarie Kaeseler und Joanna Grunenberg einig: „Das Ziel ist, dass die Menschen weitgehend selbstständig leben können, dass sie an der Gesellschaft teilhaben können.“ Konkret bedeute das bei jedem einzelnen und jeder einzelnen ein anderes Ziel. „Das kann sein, sie zurück in die Arbeit zu bringen, zurück ins Familienleben. Aber es kann auch ganz niederschwellig sein, dass jemand zum Beispiel wieder seine Post öffnet.“

Die wenigsten psychisch Kranken sind finanziell gut gestellt. Viele sind arbeitsunfähig. Nur die wenigsten der Älteren haben sich eine Rente erarbeiten können. „In den Gruppenangeboten können sie dabei auch an Dingen teilhaben, die sie sich sonst nicht leisten könnten“, sagt Joanna Grunenberg, „Und sie können sich untereinander austauschen“, betont Rosemarie Kaeseler, „was manchen leichter fällt, weil sie wissen, dass es den anderen ähnlich geht und sie ähnliches erlebt haben oder erleben.“

Auch deshalb würde Joanna Grunenberg den Klientinnen und Klienten gerne so wie früher größere Ausflüge oder ein paar Tage Ferienfreizeit anbieten. „Leider sind die Spenden, die wir dafür nutzen könnten, aber über die Jahre zurückgegangen.“

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