Das Suchthilfezentrum Schwelm der Caritas Ruhr-Mitte möchte auf die Beeinträchtigungen, die durch Alkoholkonsum in der Schwangerschaft auftreten können, aufmerksam machen. Seit Jahrzenten wird am 9. September an die FASD erinnert, an die Fetale Alkoholspektrumstörung, und die Auswirkungen auf die Betroffenen.
Der 9. September ist ein besonderes Datum: Seit 26 Jahren wird an diesem Datum weltweit an FASD erinnert, eine oft unterschätzte, aber schwerwiegende Behinderung. Das Datum (9.9.) wurde gewählt, um an die 9 Monate der Schwangerschaft zu erinnern und die Bedeutung, in dieser Zeit einen alkoholfreien Lebensstil zu pflegen, hervorzuheben.
Wird in der Schwangerschaft nämlich Alkohol konsumiert, gelangt dieser ungehindert durch die Plazentaschranke zum ungeborenen Kind. Dadurch können körperliche, geistige und seelische Beeinträchtigungen entstehen. Dies kann zu einer lebenslangen Behinderung führen, die als Fetale Alkoholspektrumstörung (FASD = Fetal Alcohol Spectrum Disorder) bekannt ist. Dabei variieren die Ausprägungen der Symptome individuell stark. Sie reichen von Gesichtsanomalien und Wachstumsverzögerungen bis hin zu Lernschwierigkeiten und Verhaltensproblemen. Häufig zeigen sich große Schwierigkeiten in der Alltagsbewältigung, so dass eine dauerhafte Unterstützung nötig sein kann.
Laut FASD-Bericht rund 850 000 Menschen in Deutschland betroffen
Laut dem aktuellen Jahresbericht vom Verein FASD-Deutschland sind mindestens 850 000 Menschen (konservative Schätzung) durch Alkohol in der Schwangerschaft ihr Leben lang beeinträchtigt. Und immer noch wird jede Stunde allein in Deutschland mindestens ein Kind mit dieser vermeidbaren Behinderung geboren. FASD stellt somit die häufigste Behinderung dar, die durch einen Verzicht von Alkohol in der Schwangerschaft zu 100 Prozent vermeidbar wäre.
FASD betrifft alle Gesellschaftsschichten, da bereits kleine Mengen Alkohol zur Schädigung des Ungeborenen führen können. Es ist ein häufiger Trugschluss, dass FASD ausschließlich in Suchtfamilien vorkommen würde.
Menschen mit FASD und deren Bezugspersonen brauchen eine individuelle Unterstützung, leider sind diese nicht ausreichend vorhanden. Der Mangel an spezialisierten Programmen, Beratungen, Diagnostikangeboten und therapeutischen Angeboten führt dazu, dass Betroffene und deren Angehörige nicht die notwendige Hilfe erhalten, die für die Bewältigung des Alltags und eine bessere Lebensqualität notwendig wären. §Es ist wichtig, dass mehr Ressourcen und Angebote geschaffen werden, um die Bedürfnisse von Menschen mit FASD besser zu erfüllen. Das umfasst sowohl präventive Maßnahmen, Aufklärung, als auch individuelle Unterstützungsangebote in Beratung, Therapie und Bildung“, sagt Claudia Deuf, Präventionsbeauftragte bei der Caritas Ruhr-Mitte.
Die Arbeit der Caritas-Suchtberatung Schwelm
In Caritas-Beratungszentrum sind in jedem Team (Suchtberatung, ambulant Betreutes Wohnen, Schwangerenberatung und Kur- und Sozialberatung) mehrere Mitarbeiter*innen zum Thema FASD geschult. Eine Mitarbeiterin der Suchtberatung ist zertifizierte FASD-Fachkraft. Es besteht die Möglichkeit für Erwachsene mit der Vermutung eines FASD in der Suchtberatung einen Termin zu vereinbaren und ein biographisches Screening Interview durchführen zu lassen. Dabei wird getestet, ob die Wahrscheinlichkeit, dass FASD oder eine andere kognitive Beeinträchtigung vorliegt, erhöht ist. Bei einem positiven Screeningergebnis würde die Weiterleitung an eine Diagnostikstelle erfolgen. Leider gibt es nur wenige Diagnostikangebote und einen hohen Bedarf für die Erwachsenendiagnostik, so dass lange Wartezeiten bestehen. Der Kontakt zum Suchthilfezentrum an der August-Bendler-Straße 14 in Schwelm kann persönlich oder unter Telefon: 02336 9242540 aufgenommen werden.
Wer über die Erlebnisse einer Adoptivmutter einen tieferen Eindruck erfahren möchte, dem sei das Buch „Tim, Ein Leben mit dem Fetalen Alkoholsyndrom“ von Monika Reidegeld empfohlen. Im vergangenen Jahr waren die Autorin und der betroffene Tim zur Lesung im Suchthilfezentrum in Schwelm zu Besuch und haben auf anschauliche und ehrliche Weise das Thema allen Zuhörenden nähergebracht.